2LR 045 – Kirchliche Hochschule Wuppertal (KiHo)

Kirchliche Hochschule Wuppertal
Seminarraum mit Studenten
Foto: Hans Lachmann

Laufzeit: 1935-2009
Umfang: 484
lfd. Nummern: 4706
Findmittel: 2009
Signatur: 2LR 045

Kirchliche Hochschule Wuppertal

Auf Initiative vor allem der Wuppertaler BK-Pfarrer Hermann A. Hesse, Karl Immer und Wilhelm Niesel wurde 1935 die Kirchliche Hochschule für reformatorische Theologie, Abteilung Elberfeld gegründet. Bereits die Eröffnung zum 1.11.1935 wurde von der Gestapo verboten. Der Lehrbetrieb mit Dozenten wie u. a. Peter Brunner, Hans Hellbardt, Alfred de Quervain, Paul Schempp und Heinrich Schlier lief dennoch an, bis der Himmler-Erlass von August 1937 die theologische Ausbildung durch die Bekennende Kirche generell untersagte. Einzelne Lehrveranstaltungen wurden noch heimlich in Köln und Essen bis Mai 1941 abgehalten.

Im Wintersemester 1945/46 wurde der Unterricht mit 78 Studierenden -darunter zwei Frauen- wieder aufgenommen. Das unzerstörte Missionshaus auf der Hardt (dem „Heiligen Berg“) bot den räumlichen Ausgangspunkt für ein Theologiestudium in den fünf klassischen Disziplinen: Altes und Neues Testament, Kirchengeschichte, Systematische und Praktische Theologie. Träger der Hochschule war der Verein „Kirchliche Hochschule e.V.“, dessen Organe ein Kuratorium, ein Verwaltungsrat, der Vorstand und die Mitgliederversammlung bildeten. Dem sog. Ephorus oblag die Sorge um das gesamte geistliche Leben, in den Studentenwohnheimen und der Mensa übte er das Hausrecht aus. Gleichfalls zuständig war er für die Kontakte der KiHo zu Gemeinden und Kirchenkreisen. Zu den wichtigsten Förderern der KiHo in den ersten zwei Jahrzehnten zählten Oberkirchenrat Johannes Schlingensiepen, Fabrikant Willy Halstenbach und der langjährige Schatzmeister Oskar Stodt, Juwelier aus Elberfeld. Als Geschäftsführer amtierte lange Gottfried Gurland (1918-2002), von 1970 bis 1984 auch Oberbürgermeister von Wuppertal, nach dem seit 2006 ein Teil der Missionsstraße benannt ist.

Die Vereinsstruktur vermochte den gestiegenen finanziellen und organisatorischen Anforderungen im Hochschulwesen nicht mehr zu genügen und seit 1976 ist die KiHo eine Einrichtung der Evangelischen Kirche im Rheinland. In der neuen Struktur trug der Hochschulrat, zusammengesetzt aus den Dozenten, dem Ephorus und Vertretern aus Studenten- und Mitarbeiterschaft, die Verantwortung für Forschung, Lehre und Studium. Das Rektorat (Rektor, Prorektor und Ephorus) für die Verwaltung und den akademischen Bereich sowie das Kuratorium -mit drei Vertretern der rheinischen Landeskirche- bildeten die weiteren Hochschulgremien.

Seit 2005 dient die Errichtung des Theologischen Zentrums in Wuppertal (ThZW) der Vernetzung der KiHo mit den übrigen kirchlichen Einrichtungen der theologischen Ausbildung wie z. B. dem Pastoralkolleg. Am 1. Januar 2007 fusionierten die beiden Kirchlichen Hochschulen Wuppertal und Bethel: Hierbei liegt fortan der Schwerpunkt in Bethel auf der Diakoniewissenschaft, in Wuppertal auf der Ausbildung der Pfarrerinnen und Pfarrer.

Als Professoren waren an der KiHo unter anderem tätig: Robert Bach (Altes Testament, 1962-1991), Hans Jochen Boecker (Altes Testament, 1968-1993), Rudolf Bohren (Praktische Theologie, 1958-1972), Bertold Klappert (Systematische Theologie, 1974-2004), Jürgen Moltmann (Systematische Theologie, 1958-1963), Erwin Mülhaupt (Kirchengeschichte, 1951-1970), Wolfhart Pannenberg (Systematische Theologie, 1958-1961) und Hans Walter Wolff (Altes Testament, 1947-1959).

Historische Auswertungsmöglichkeiten: Der Bestand ist für die Bildungs- und Mentalitätsgeschichte der Nachkriegszeit und der frühen Bundesrepublik von hohem Aussagewert. Er dokumentiert zum einen die vielfältigen Anstrengungen von privater wie landeskirchlicher Seite, die Existenz des „Unternehmens“ Kirchliche Hochschule dauerhaft zu sichern. Die gewählte Vereinsstruktur stieß trotz zahlreicher Spenden- und Lobbyaktionen früh an ihre finanziellen Grenzen und vermochte nur durch Zuweisungen der rheinischen Landeskirche und der übrigen Mitgliedskirchen stabilisiert werden. Zum anderen veranschaulichen die frühen Serien der Studentenakten von 1945 bis zum Anfang der 1960er Jahre die Motivationslagen zum Theologiestudium, da damals noch ausführliche Lebensläufe, eigene Begründungen zum Studium und pfarramtliche Zeugnisse verpflichtend vorgeschrieben waren. Die zahlreichen Korrespondenzen der Dozentenschaft wiederum verweisen über den Wuppertaler Kontext hinaus in die kirchenpolitischen und theologischen Themen der Zeit. Wenig ergiebig ist der Bestand zu der Zeit der Studentenunruhen 1967ff., was nicht in Aktenverlusten, sondern in der besonderen Struktur einer Kirchlichen Hochschule im Vergleich zu einer Großstadtuniversität begründet ist.

Inhalt: Verein „Kirchliche Hochschule Wuppertal“; Freundeskreis; Gremien und Satzungen; Korrespondenzserien; Personal; Studentinnen und Studenten; Hochschulbetrieb; Lehrveranstaltungen; Finanzen und Bauwesen; Geschichte; Evangelischer Bund Rheinland. 

Literatur: Aschermann, Hartmut/ Schneider, Wolfgang: Studium im Auftrag der Kirche. Die Anfänge der Kirchlichen Hochschule Wuppertal 1935 bis 1945 (SVRKG 83), Köln 1985.