7NL 005 – Professor D. Günther Dehn

Dehn, Günther mit Ehefrau Luise, geb. Lahusen 

Laufzeit: 1902-1961
Umfang: 1
lfd. Nummern: 45
Akzessionsdatum: 1986
Findmittel: 1988
Signatur: 7NL 005

Prof. D. Günther Dehn

Günther Dehn (1882-1970) stieß als Berliner Domkandidat und Inspektor auf Christoph Blumhardt, Heinrich Lhotzky und den Schweizer religiösen Sozialismus. 1911 trat er die zweite Pfarrstelle der Reformationsgemeinde im Arbeiterviertel Berlin-Moabit an. Die Annäherung der Kirche an die sozialistischen Arbeiterparteien und -vereine empfand er als eine Notwendigkeit, auch wenn seine aktive Mitgliedschaft nur kurze Episoden blieben. Nach der Novemberrevolution 1918 gründete er nach Schweizer Vorbild einen „Bund sozialistischer Kirchenfreunde“, war Mitarbeiter des Evangelisch-Sozialen Kongresses 1920, trat während des Kapp-Putsches der SPD bei und war Mitglied des „Bundes der religiösen Sozialisten“. Dem „Neuwerk“ fühlte er sich eng verbunden und leitete den Berliner Kreis. Die Universität Münster verlieh ihm in Anerkennung seiner Verdienste um die Predigt und um die Jugendarbeit 1926 die Ehrendoktorwürde.

Sein Vortrag über „Kirche und Völkerverständigung“ im November 1928 im Gemeindesaal der Ulrichskirche in Magdeburg trug ihm den Vorwurf des Pazifismus deutschnationaler Kreise ein. Das Konsistorium in Berlin missbilligte seine Rede. Auf seine Berufung im Dezember 1930 auf den Lehrstuhl für Praktische Theologie der Universität Heidelberg musste er verzichten, weil sich die Theologische Fakultät und der Senat der Universität aufgrund eines Artikels in den nationalistischen „Eisernen Blätter“ über die Magdeburger Vorgänge sich gegen ihn aussprachen. Der preußische Kultusminister Adolf Grimme bot ihm daraufhin den Lehrstuhl in Halle an. Der Protest national gesinnter Studenten gegen Dehn mündete Anfang November 1931 in Auschreitungen auf dem Universitätsgelände. Während des Sommersemesters 1932 stellte sich die Mehrheit der Professoren auf die Seite dieser Studenten. Im Oktober 1932 wurde Günther Dehn zunächst beurlaubt. Mit seiner Entlassung aus dem Staatsdienst am 21.11.1933 endete der „Fall Dehn“.

Nach seiner Hilfspredigerzeit in der Berliner Gemeinde „Zum Heilsbronner“ arbeitete er in einer Vielzahl von Gremien der Benennden Kirche mit, u.a. im Schul- und Erziehungsausschuss und der Prüfungskommission. 1936 bis 1941 hielt er praktische und neutestamentliche Vorlesungen und leitete homiletische und katechetische Seminare an der Kirchlichen Hochschule in Berlin. Das Sondergericht bei dem Berliner Landgericht sah insbesondere in seiner Prüfungstätigkeit für die Bekennende Kirche einen Verstoß gegen die Verordnung zum „Schutz von Volk und Staat“ und bestrafte ihn 1941 mit vierzehn Monaten Gefängnis. Nach seiner Entlassung bot ihm der württembergische Landesbischof eine Pfarrstelle in Ravensburg an. 1946 wurde Günther Dehn auf den Lehrstuhl für Praktische Theologie der Universität Bonn berufen. 1952 wurde er zwar emeritiert, hielt aber vertretungsweise bis 1954 Vorlesungen und Seminare ab.

Inhalt: Persönliche Dokumente ,  „Fall Dehn“- Prozess vor dem Sondergericht I des Landgerichts Berlin, Gefängnistagebuch, ­Wiederaufnahme des Disziplinarverfahrens und Entschädigung,  Vorlesungen und Seminare, Predigten und Meditationen, Zeitschriftenaufsätze, Zeitungsartikel, Aufsätze und Gutachten, Nachlassliteratur, Fotografien.

Literatur: Günther Dehn, Die alte Zeit – die vorigen Jahre. Lebenserinnerungen, München 1964; J.F. Gerhard Goeters, Artikel „Günther Dehn“, in: TRE Bd. 8, Berlin 1981, S. 390-392.