7NL 008 – Präses Heinrich Held

Held, Heinrich,  Präses

Laufzeit: 1897-1957
Umfang: 33 Kartons
Akzessionsdatum: 1999-2014
Findmittel: 2015
Signatur: 7NL 008

Präses Heinrich Held

Heinrich Held (* 25. September 1897 in St. Johann – † 19. September 1957 in Düsseldorf) war Hilfsprediger in Wesseling, Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Essen-Rüttenscheid, Superintendent dies Kirchenkreises Essen, Oberkirchenrat und Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland. Des Weiteren war er Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche der Union, Vorsitzender des Bruderrats und Mitglied des Rats der EKD. Er war einer der Mitbegründer des Hilfswerks der EKD und des Deutschen Evangelischen Kirchentags und Mitunterzeichner des Stuttgarter Schuldbekenntnisses 1945.

Heinrich Held, Sohn eines Direktors einer privaten Zuschneiderschule, besuchte das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Köln. Sein Vater war Presbyter der Altkölner Gemeinde an der Antoniterkirche. Er selbst engagierte sich im Bibelkreis, in der Jungschar und im Kindergottesdienst. Sein Konfirmator, Pfarrer Hugo Hötzel, weckte in ihm den Wunsch, den Beruf des Pfarrers zu ergreifen.

Von 1915 bis 1918 nahm er als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teil. Er erhielt 1917 das Eiserne Kreuz II. Klasse und wurde, im Rang eines Leutnants, Adjutant beim Divisionsnachrichtenkommandeur. Als Rekrut legte er 1915 das Notabitur ab.

Nach Kriegsende ging er das Theologiestudium sehr energisch an. Er studierte in Bonn und Tübingen. Bereits nach sieben Semestern schloss er es ab. 1922 bestand er das erste, 1924 das zweite theologische Examen. 1922/23 besuchte er das Predigerseminar in Wittenberg. In Bonn trat er der Burschenschaft der Rheno-Germania und in Tübingen der Nicaria bei.

Während seiner Tübingen Studienzeit lernte er Hildegard Röhrig kennen, Tochter des Elberfelder Pfarrers Wilhelm Röhrig. Im Oktober 1923 verlobten sie sich, im November 1925 heirateten sie.

Nach seiner Ordination wies das Konsistorium der Evangelischen Kirche der Rheinprovinz Heinrich Held Wesseling zu, einen Pfarrbezirk der Kirchengemeinde Brühl. Während seiner sechs Hilfspredigerjahre leistete er Aufbauarbeit in einer Diaspora. Die Gemeinde wuchs von 139 auf über 1.000 Mitglieder.

1930 wurde Heinrich Held zum Pfarrer an der Reformationskirche der Evangelischen Kirchengemeinde Essen-Rüttenscheid berufen. Ein Demonstrationszug der SA im Sommer 1932 mit Sprechchören „Deutschland erwache, Juda verrecke!“durch die Rüttenscheider Hauptstraße, an dem auch der Essener Superintendent teilnahm, war sein Schlüsselerlebnis. Er engagierte sich in der Bekennenden Kirche. Im Juli 1933 protestierte er gegen die Einsetzung staatlicher Kommissare in die Leitung der evangelischen Kirche. Er war der erste evangelische Pfarrer, der in „Schutzhaft“ genommen wurde. Nach seiner Freilassung gründete er zusammen mit den Pfarrern Joachim Beckmann und Friedrich Graeber die rheinische Pfarrerbruderschaft. Er war Mitglied des altpreußischen Bruderrats und nahm an der Barmer Bekenntnissynode teil. In der Folgezeit wurde er mehrmals verhaftet. Über ihn verhängte der NS-Staat 1938 ein Reichsredeverbot.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs versteckte Heinrich Held zusammen mit dem befreundeten Pfarrer Johannes Böttcher und dessen Ehefrau Käthe mehrere verfolgte Juden in den Kellern der zerstörten Reformationskirche und der Pfarrhäuser. In den Gottesdiensten baten die beiden Pfarrer um Spenden für Kleidung und Lebensmittel. Die Gesuchten konnten vor dem Tod in einem Konzentrationslager bewahrt werden. Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem ehrte die Retter 2003 posthum mit dem Ehrentitel „Gerechte unter den Völkern“.

Unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Heinrich Held zum Superintendenten des Kirchenkreises Essen gewählt. Gleichzeitig war er Bevollmächtigter der vorläufigen Leitung der Evangelischen Kirche der Rheinprovinz. Am 13.11.1948 wählte ihn die nunmehrige Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland zu ihrem Präses. Zugleich leitete er die rheinische Sektion des Evangelischen Hilfswerks. Er trug entschieden zum Wiederaufbau der rheinischen Kirche bei, indem er die Wiederherstellung zerstörter Kirchen finanziell unterstützte und sich für die Versöhnung im Nationalsozialismus entzweiter Kirchengemeinden und Institutionen einsetzte. Die evangelisch-theologische Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn verlieh ihm 1948 die Ehrendoktorwürde.

Ein herausragendes Ereignis während seiner Präseszeit stellte der sechzehntägige Besuch Heinrich Helds von orthodoxen Kirchen in Russland 1955 dar. Von Bundeskanzler Konrad Adenauer geduldet, unternahm er den Versuch eines Brückenschlags über den „Eisernen Vorhang“ hinweg.

Nach der Rückkehr von einer Tagung des Lutherischen Weltbundes in Minneapolis/USA verstarb Heinrich Held kurz vor Vollendung des 60. Lebensjahrs an einer Lungenembolie.

Den umfangreichen Nachlass von Präses Heinrich Held hat sein Sohn, Bischof em. Dr. Heinz Joachim Held, ab ca. 1999 in mehreren Teilen dem Archiv der Ev. Kirche im Rheinland übergeben und mit Transkriptionen und eigenen Beiträgen zur Biografie seines Vaters angereichert.

Inhalt: Feldpostbriefe aus dem Ersten Weltkrieg, Inhaftierungen 1933, 1937 und 1942, Predigten, teilweise Mitschriften, Wochenandachten und Bibelarbeiten in Essen 1942-1949, Briefe von der Russlandreise 1955, Briefe von der Reise zur Vollversammlung des Lutherischen Weltbunds 1957, Vorträge und Artikel, Notizbücher und Fotoalben.

Der Briefwechsel Hildegard Röhrig / Heinrich Held aus den Jahren 1922 bis 1925 ist bis zum 01.07.2028 gesperrt.

Literatur: Held, Heinz-Joachim: Heinrich Held (1897-1957). Der Präses, der Gemeindepastor, der Mensch und Christ, in: MEKGR 45/46 (1996/97), S. 511-528.

Ergänzende Archivbestände: 1OB 009 H 239, 1OB 022, 140; 6HA 006 (Handakten Held); Archiv der Evangelischen Kirchengemeinde Essen-Rüttenscheid.